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Eject, Eject, Eject

Jetzt aber raus da - Fakten und Geschichten aus dem Praxiseinsatz der feurigen Lebensretter!

Herausschießen oder doch sitzenbleiben und noch was versuchen – das dürfte eine der heikelsten Entscheidungen sein, die Piloten von Kampfflugzeugen treffen müssen. Insbesondere dann, wenn die Situation nicht ganz eindeutig ist – auch wenn das selten vorkommt.In den meisten Situationen greift der solide Überlebensinstinkt, egal ob die Maschine bereits unter Wasser ist oder eigentlich schon am Boden. Und dann gibt es auch die Kategorie Pechvögel, die den Schleudersitz benutzt haben ohne es zu wollen. Ja, richtig gelesen, auch das passiert. Erstaunliches, Tragisches und Glückliches aus nicht ganz 80 Jahren Technikgeschichte der Schleudersitze.

Wer einmal das Glück hat, als Passagier in einem Kampfflugzeug mitfliegen zu dürfen, der wird sich an eine Sequenz der Einweisung bestimmt erinnern: Das Kommando zum notfallmäßigen Verlassen der Maschine. „Eject, Eject, Eject“. Nicht wenige Jetpiloten ergänzen das Ganze noch um den Passus „Wenn sie daraufhin auch nur ‚Häh‘ antworten, sind sie bereits auf ihren ersten Alleinflug“. Gut, die allermeisten Maschinen haben in der Zwischenzeit Ausschussfolgesysteme, so dass der Pilot im vorderen Cockpit beide Sitze auslösen kann. Trotzdem hat das Dreifachkommando seinen Sinn noch nicht verloren, denn auch im Funkverkehr kann es passieren, dass ein Flugzeugführer den anderen damit zur vorzeitigen Dienstbeendigung auffordert. Und da ist es ein ganz gravierender Unterschied ob der Funkspruch nun „Tiger two, you’d better eject while you still can“ lautet oder „Tiger two only, tiger two only, eject, eject, eject“. Auf den Ersteren wird man möglicherweise als Antwort bekommen „Nah, I can hold her for a moment longer“, auf den Zweiten hin wird in einer gut ausgebildeten Luftwaffe das Kabinendach fliegen gehen und der Sitz hinterher kommen.

Kabelsalat

Nicht selten gibt es aber gar kein Kommando, sei es weil die Zeit fehlt, es sich um einen Einsitzer handelt oder möglicherweise auch weil gar nicht beabsichtigt wurde, den Sitz zu benutzen. Ja, auch wenn man es kaum glauben mag, so etwas gibt es. Auf der Canadian Forces Base (CFB) Moose Jaw schaffte es ein Schüler des Programms NATO Flight Training in Canada (NFTC), sein Audiokabel so ungeschickt einzustöpseln, dass er es aus Versehen durch die Schlaufe des Auslösegriffs zog.Nachdem das Kabinendach zu und der Sitz entsichert waren beugte er sich nochmal nach vorne und – Bumm! Immerhin, der Sitz funktionierte einwandfrei und unser etwas tollpatschiger Flugschüler kam mit einem Schreck und einem Schwung Verstauchungen und Prellungen davon. Sein hinter ihm sitzender Fluglehrer erlitt ein paar kleine Schnittwunden von umher fliegendem Plexiglas und ein paar schmerzhafte, aber nicht weiter tragische Brandverletzungen am Hals und an den Unterarmen. Grund dafür waren glühende Reste der Micro Detonating Cord (MDC), einer ins Dach eingelegten Sprengstoffschnur, die beim Ausschuss den Weg freimacht. Der kanadische Unfallbericht fügte fast schon genüsslich an, das ihm gar nichts passiert wäre, wenn er die vorgeschriebene Unterbekleidung – feuerfester Rollkragenpullover – getragen und nicht vorschriftswidrig die Unterärmel der Kombi hochgeschoben hätte. Naja, der Tag war heiß und das Zeug ist ziemlich warm.

Nein, das ist KEIN Haltegriff

Noch einmal deutlich spektakulärer war ein Fall aus Frankreich aus dem Jahr 2019. Hier hatte die Armee d’l Air einen hochrangigen Rüstungsmanager mit einem Incentive-Flug in einer Rafale bedacht, einem hochmodernen Kampfflugzeug der Generation 4.5, zu der auch der Eurofighter zählt. Hinter der Aktion standen einige Manager aus dem Stab des Industriellen, die ihrem Boss zum 60. (!!) eine Freude machen wollten. Was dort keiner wusste, weil der Mann es gut verborgen hielt: Er hatte panische Flugangst. Und wollte sich natürlich seinem wichtigsten Kunden gegenüber auch keine Blösse geben. Ich will gar nicht wissen, wieviel Überwindung es den guten Mann gekostet hat ins hintere Cockpit einer Trainerversion dieses hoch rasanten Vogels zu steigen. Wie gut die vorherige Einweisung tatsächlich war kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls schnallte man den Passagier verhältnismäßig locker fest, entsicherte mit hilfreicher Hand den Schleudersitz und wünschte viel Vergnügen. Der Pilot hatte wohl relativ viel um die Ohren, sein Briefing des Flugprofils fiel angeblich mäßig aus. Er plante natürlich einen sogenannten Max Performance Take-Off. Also voller Nachbrenner, flach abheben, Fahrwerk und Klappen rein (Brenner bleibt häufig an) und am Ende der Runway mit drei bis vier G nach oben ziehen. Sieht spektakulär aus und bringt die Maschine innerhalb von 90 Sekunden in Höhen, für die eine Passagiermaschine gut und gerne eine Viertelstunde braucht.

Gedacht, getan, nur hob die Maschine doch einen kleinen Tick zu steil ab und kam ein wenig zu hoch. Luftwaffenpiloten sind hochpräzise Menschen, anstatt also einfach sein Manöver aus der erreichten Höhe zu fliegen drückte der „Kutscher“ etwas an. Dadurch wurde es den Insassen kurz etwas leicht, so 0,3 bis 0,4 negative G dürfte die Maschine erreicht haben. Unseren locker angegurteten Manager im hinteren Sitz hob es ein wenig vom selbigen. Aufgrund seiner Flugangst suchte er verzweifelt nach einem Griff, um sich wieder in den Stuhl zu ziehen. Kenner dürften hier gequält aufstöhnen und denken „er wird doch nicht?“. Doch, er wird, beziehungsweise hat: Das erste griffartige, was der Mann zu fassen bekam, befand sich zwischen seinen Beinen und war merkwürdigerweise gelb-schwarz gefärbt. Er dürfte kaum Zeit gehabt haben, sich über die Färbung zu wundern, den mit Ruck, Knall und Donnerschlag war sein Mitflug bei der französischen Luftwaffe bereits nach wenigen Sekunden beendet.

Höchste Präzision: In der Endmontage bei Martin-Baker in Higher Dunham geht es fast klinisch rein zu. Hier ist ein moderner Sitz fast fertig für die Übergabe. Vermutlich handelt es sich um einen Mk. 16 zum Einbau entweder in einer T-38C oder einer F-35.
Hier geht die Reise los - der Sitz im Moment der Raketenzündung. Die Luftpolster rund um den Pilotenkopf und die reichliche Kleidung lassen auf den Test eines ganz modernen Sitzes schließen, ich tippe auf den Mk. 16 für die F-35 Lightning.

Aufgrund seiner sicherlich nicht korrekten Haltung beim Ausschuss verbog sich der arme Kerl ein wenig das Rückgrat und hatte dann auch noch das Pech, auf der Landebahn aufzuschlagen, was ihm diverse Brüche in beiden Beinen bescherte. Ich wage zu behaupten, dass die vor allem vom Survival Pack unter seinem Hintern verursacht wurden. Ausgebildete Piloten sind gehalten, dass Ding in der Luft zu lösen, es ist durch eine Fangleine dennoch weiter mit dem Gurtzeug verbunden. Als sechs Wochen später die ersten vorläufigen Untersuchungsberichte herauskamen lag der bedauernswerte Manager jedenfalls immer noch im Krankenhaus. Seine Flugangst dürfte während der Zeit auch nicht geheilt worden sein.wird das auch kaum geheilt haben. Die Maschine konnte übrigens sicher landen. Und ein Gutes hatte der Fall: An sich hätten der Einstellung des Ausschussfolgesystems zufolge beide Sitze auslösen müssen. Dann wäre die Maschine auch hinüber gewesen. Das der Pilot in der Rafale blieb, hatte seinen Grund in einer konstruktionsbedingten Schwäche des Systems, die dadurch aufgedeckt wurde. Dem Vernehmen nach sind die Doppelsitzer inzwischen sämtlich modifiziert.

Leider geht es nicht immer so glimpflich aus, wenn der Ausschuss gar nicht geplant ist. Eine Geschichte aus dem Jahr 2011 zeigt, dass auch der Weltmarktführer nicht davor gefeit ist, Mist zu bauen. Flight Lieutenant Sean Cunnigham, Teammitglied der Red Arrows und als solches Red 5, stand mit seiner BAe Hawk noch auf der Vorstartlinie, als es plötzlich einen gewaltigen Knall gab und der 35jährige samt seines Martin-Baker Mk. 10 Sitzes aus dem Cockpit geschossen wurde. Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände hatte sich, vermutlich über Monate, der Auslösegriff so weit gelockert, dass jetzt ein im Vergleich kleiner Impuls reichte. Einzig positiver Faktor, zumindest im ersten Moment: Das Kabinendach war schon zu, versperrte also nicht die Flugbahn. Die MDC funktionierte auch. Also wäre der unnötige Raketenstart an sich nur irrsinnig peinlich und schmerzhaft gewesen. Sicher, ein Grund für eine Untersuchung, aber keiner für eine Tragödie. Denn der Mk. 10 hat wie alle modernen Sitze 0/0-Fähigkeiten und diese zigfach bewiesen – unter anderem bei dem oben beschriebenen Fall in Kanada. Es sprach also alles dafür, dass Cunningham durch den Vorfall höchstens in seiner Fliegerehre verletzt, sonst aber einigermaßen heil davonkommen würde. Stattdessen mussten seine Kameraden und die Techniker völlig entsetzt mit ansehen, wie sich zwar die beiden Stabilisierungsschirme am Sitz nacheinander entfalteten, der Hauptfallschirm jedoch in seiner Verpackung – der Kopfstütze – blieb. Cunningham verstarb noch auf dem Transport ins Krankenhaus.

Bitte kräftig ziehen: Die Schlaufe des Überlebens. Ein einziger Griff und los gehts - heutige Kampfpiloten brauchen nicht mehr verschiedene Handlungen auszuführen wie einst, wenn sie aus der Maschine müssen. Früher musste erst das Dach abgeworfen werden, dann der Sitz ausgelöst und womöglich musste man bei der Trennung vom Gestühl noch nachhelfen. Passiert heute alles automatisch. Nur: Bitte nicht aus Versehen dran festhalten, wenn er Jet noch in Ordnung ist...

Unglücklicher geht’s nicht

Die Aufregung war gigantisch, waren doch drei Viertel der Kampfflugzeugflotte der RAF und geschätzt 50 Prozent der NATO-Jets  zu diesem Zeitpunkt mit Mk.-10-Sitzen ausgerüstet. Experten kratzten sich am Kopf – ein dergestaltiges Versagen eines Schleudersitzes war noch nicht vorgekommen. Martin Baker galt als zuverlässig, wenn sich ein Pilot nicht sehr krass außerhalb des sogenannten Envelope (also dem Operationsbereich des Sitzes) befand war es save, schon mal das Beruhigungsbier zu ordern bevor der Sitz ganz aus der Maschine war. Die Erklärung war, vor allem in der Gesamtheit des Vorfalls betrachtet, derart abenteuerlich, dass der geneigte Betrachter nicht umhin kommt hier an Vorbestimmung zu glauben. Weiß der Henker, was der arme Sean Cunningham in seinen früheren Leben alles angestellt hat, aber die Gesamtrechnung muss richtig fett gewesen sein. Das fängt schon bei der unabsichtlichen Auslösung an. Offensichtlich hatten mehrere Flugzeugführer hintereinander über Monate den Sicherungsstift für den Auslösegriff zwischen den Beinen des Piloten nicht weit genug reingeschoben. Dadurch immer mit etwas Spiel versehen hatte sich dieser in seinem Sitz gehoben und seitwärts verschoben. Das war aber bei der Kontrolle von oben, bedingt durch die Gurte des Piloten und die bauliche Enge, nicht zu erkennen. Ein Techniker hätte im Flugzeug vis-a-vis des Griffes knien müssen und geradeaus darauf schauen, um den Fehler zu sehen. Im beengten Fußraum einer Hawk utopisch. Wahrscheinlich erwischte Red 5 den Griff an diesem Tag etwas unglücklich mit den Oberschenkeln oder dem Sauerstoffschlauch, möglicherweise zog er aus Versehen sein Funkkabel durch die Schlaufe. In jedem Fall reichte es für den entscheidenden Impuls.

Und ausgerechnet an diesem Sitz hatte irgendwann in den Jahren davor ein Techniker einen Schäkelbolzen etwa eine halbe Schraubenumdrehung zu fest angezogen. Von Seiten des Herstellers gab es hier – in der Luftfahrt sehr unüblich – keine Drehmomentangaben oder ähnliches. Das war eigentlich die ganze Sünde von Martin Baker. Den Rest besorgte, so makaber das klingt, die ruhige Wetterlage. Der zugehörige Schraubschäkel hält nämlich die Leine des Stabilisierungsschirms fest und ist seinerseits über einen Scherenschäkel mit dem Sitz verbunden. Ist dieser ausreichend stabil beziehungsweise stellt der Sequenzer fest, dass der obere Scheitelpunkt der Flugbahn erreicht ist, öffnet eine vorgespannte Feder den Scherenschäkel und gibt den Stabi-Schirm frei. Welcher, jetzt als Pilotschirm wirkend, den Hauptschirm aufzieht und gleichzeitig den Mann vom Sitz trennt. Nur dass der Schäkel diesmal zu eng festgeschraubt war und dadurch auf der einen Seite des Scherenschäkels festklemmte, anstatt abzugehen. Es hätte einigem Zug bedurft, etwa durch Bodenwind oder Fahrtwind. Ausgerechnet an diesem Nachmittag aber herrschte auf der Basis in Scampton nahezu Windstille. Was absolut ungewöhnlich ist, der Fliegerhorst liegt in den flachen und recht windanfälligen Lincolnshire Wolds, nicht übertrieben weit von der Nordsee entfernt. So ungefähr ab Sekunde 5-8 des Take-off wäre Sean Cunningham im Falle des Falles nicht mal was aufgefallen, weil der Sitz von außen betrachtet normal funktioniert hätte.

Irgendwo zwischen 40 und 60 Knoten Vorwärtsfahrt, oder wenigstens Wind, hätten also gereicht und der Flight Lieutenant würde noch Leben. Aber, wie das immer so ist in der Luftfahrt, Fehler können erst dann abgestellt werden, wenn einer welche gemacht hat. Heute gibt es klare Vorschriften, wie stark der Schäkelbolzen, ja wie weit jede einzelne Schraube angezogen werden darf, selbst dann, wenn sie nach Außen unwichtig ist.

Live und in Farbe

Aber beenden wir die Serie über die Raketensitze mit positiven Dingen. Zunächst sei der geneigte Leser auf ein kurzes, aber eindrucksvolles Video von Martin-Baker verwiesen. Die wenigsten Rettungsausschüsse werden gefilmt oder fotografiert. Aber mit der zunehmenden Verbreitung von Handykameras und dem allgegenwärtigen Internet steigt die Rate etwas an. Der britische Hersteller hat einige der spektakulärsten Situationen zusammengestellt und bei den meisten der dortigen Fälle ist festzustellen: Noch in den siebziger Jahren wären die meisten davon tödlich ausgegangen. Heutzutage liegen die Verwendungsbereiche für die Sitze offiziell im Bereich von 0 bis 600 Knoten und 0 bis 50.000 Fuß (gelegentlich 60.000 Fuß Höhe.

Ein paar außergewöhnliche Ausstiege

Kein Pilot möchte mit den Rettungsgeräten Rekorde aufstellen, einigen blieb aber nichts anderes übrig. Wobei vorauszuschicken ist, dass alle hier angeführten Extremwerte lediglich meinem Kenntnisstand entsprechen. Und ich bin keineswegs die allwissende Müllhalde (Grüße an die Fraggles). Aufgeführt sind natürlich nur Fälle, die gut ausgegangen sind:

  • Größte Höhe: Bill Weaver, 78.000 Fuss, SR-71 Testflug 1966, Sitz: Lockheed C-2. Allerdings darf hier darüber gestritten werden, ob es wirklich ein Schleudersitzausstieg war. Denn Weaver und sein Waffensystemoffizier wurden von der bei Mach 3,12 in über 23 Kilometern Höhe auseinanderbrechenden Maschine praktisch abgeworfen. Beide waren zu dem Zeitpunkt aufgrund der G-Kräfte Handlungsunfähig beziehungsweise sogar bewusstlos. Weaver kam irgendwann im Laufe des freien Falls wieder zu sich und durfte feststellen, dass die Automatik des Schirms funktionierte. Sein zweiter Mann brach sich leider irgendwo im Verlauf des Unfalls das Genick.
  • Größte Geschwindigkeit: Lassen wir Bill Weaver mal beiseite, dann ist es zumindest in der westlichen Hemisphäre vermutlich Captain Brian Udell USAF, Mach 1,3+, F-15E, 1995, Sitz: ACES II. Er hatte das Pech, während eines Nachtflugs beim Luftkampftraining den künstlichen Horizont zu verlieren, ohne es zunächst zu bemerken. Als ihm und seinem WSO klar wurde was passiert war gab es nur noch die Option, die Maschine zu verlassen. In 10.000 Fuß bei ungefähr 700 Knoten – und zwar KEAS, wem das was sagt. Udell meinte später, es wäre ungefähr wie aus einem fahrenden Schnellzug zu springen und dabei gegen eine Mauer zu klatschen. Während sein WSO Bill White leider nicht überlebte schaffte der Pilot es, sich trotz massivster Verletzungen vier Stunden an seinem Schlauchboot festzuhalten (einsteigen ging aufgrund der Verletzungen nicht). Kein Jahr später saß er wieder in der F-15 und flog später für Southwest Airlines.

Martin-Baker-Sitze in Aktion – insbesondere der letzte Fall ist mehr als Haarscharf

Nochmal etwas länger – Flight Lieutenant Martin Pert, 2009 in Kandahar, Afghanistan:

  • Niedrigste Höhe: Lieutenant Bruce D. MacFarlane Royal Navy, ungefähr -20 Fuß, Westland Wyvern, 1954, Martin-Baker Mk. 2. Der Neuseeländer schoss sich unter Wasser aus dem Turboprop-Jäger. Und ja, Sie haben richtig gelesen. Er hatte das Pech, dass seine Motor beim Katapultstart vom HMS Albion unweit Gibraltar aussetzte und er praktisch unmittelbar vor dem Schiff ins Wasser knallte. Der Träger schnitt seine Maschine knapp hinter dem Cockpit durch, er bekam aber das Kabinendach nicht rechtzeitig auf. Also wartete er, bis der Träger vorbei war und betätigte dann den Sitz. Die Energie reichte gerade einmal, um ihn bis an die Wasseroberfläche zu befördern. Übrigens blieb er nicht der einzige, diesen Stunt legten nach ihm noch andere Piloten hin. Die meisten brachen sich dabei zwar den Rücken, aber ohne Ausnahme konnte alle nach längerer Reha wieder fliegen. Die Royal Navy installierte unter gütiger Mitarbeit von MB in ihren Buccaneer-Jabos sogar ein System, das sichere Unter_Wasser-Ausschüsse zuließ und sogar automatisch auslöste.
  • Erster Ausschuss jenseits von Mach 1: George F. Smith, North American Cooperation, F-100A Super Sabre, 1955, Factory Seat. George Smith hatte eigentlich frei, als er in die Luftfahrtgeschichte einging. An sich wollte er nur Papierkram erledigen und war deswegen in die Firma gefahren, als ihn der Dispatchersysteme bat, eine nagelneue F-100A einzufliegen. Der Flug erwies sich als kurz, ein Hydraulikschaden in 37.000 führte zu einem Überschallsturzflug. Smith verließ die Maschine bei Mach 1,05. Die Liste seiner Verletzungen war endlos, erst nach knapp acht Monaten verließ er das Krankenhaus. Obwohl die Ärzte ihm anfangs sagten, dass es mit der Fliegerei aus sei, saß er 14 Monate später wieder in einer F-100. Er wurde 71 Jahre alt.

Auflösung der Titelbilder

Es gäbe sicherlich noch einiges mehr zu schreiben, aber das würde den Rahmen des lesbaren sprengen. Zum guten Schluss will ich allerdings noch die Titelbilder auflösen. Beim ersten Teil sehen wir einen Schleudersitzes der Firma Martin-Baker, auf dem Sitz ist ein Crash-Test-Dummy festgeschnallt. Das Foto über Teil zwei ist eine der spektakulärsten Luftfahrtfotografien ever. Es zeigt Thunderbird 6 von der US Air Force Kunstflugstaffel 2003 bei der „Thunder over the Mountain“ Air Show. Der Mann auf dem Sitz ist der damalige Captain Chris Stricklin. Dank eines falsch eingestellten Höhenmessers fehlten ihm beim einleitenden Split-S ungefähr 500 Fuß Höhe. Das begreifen, die Maschine Richtung freie Wiese lenken und auszusteigen war praktisch ein gleichzeitiger Vorgang. Der Fotograf stand übrigens auf dem Dach des Towers, die Autos stehen ewig weit weg und neben der Maschine bekam höchstens Stricklins Ruf ein paar Kratzer. Er wurde übrigens trotzdem später Oberst und ist inzwischen pensioniert. Und ganz oben auf dieser Seite ist ein Harrier Senkrechtstarter der Royal Air Force zu sehen. Der hatte 2009 einen Landeunfall auf der Kandahar Air Force Base in Afghanistan. Zu hohe Sinkrate und ein überhasteter Approach aus einer In-Close-Position, kombiniert mit einer viel zu späten Entscheidung für den Go-Around führten zu einem harten Aufschlag und einer anschließenden Rutschpartie. Als die Flammen sein Cockpit erreichten entschied sich Flight Lieutenant Martin Pert, das Spiel nicht länger mitzumachen und stieg aus. Resultat: Siehe oben. Das einem die RAF sowas nicht unbedingt dauerhaft übel nehmen muss zeigt sich in Perts weiterer Karriere: Von 2017 bis 2019 führte er als Red 1 die Formation der Red Arrows an. Einen guten Flieger fesselt man eben nicht an den Boden, nur weil er einmal nicht aufgepasst hat. Natürlich immer vorausgesetzt, er kommt heil aus der Maschine. Dafür hat er die beste Hilfe, die er kriegen kann: Martin-Baker, ACES und Co. So long and eject while you still can!

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